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Auf die japanische Kuh gekommen

Ihr Fleisch ist das teuerste der Welt: Wie es ein junger Tischler geschafft hat, die ursprungsgeschützten Kobe-Rinder aus Japan ins Mühlviertel zu holen.

Die Sonne lässt den Schnee rund um den Kohlenerhof glitzern. Vor Kälte verkriechen sich die Hendln im Stall, zwei Pferde drücken der Koppel lautlos ihre Hufstempel auf. Beschauliche Stille. Bis Jakob Kiesenhofer die Stalltür öffnet und seine Rindviecher übermütig hinaus in den Schnee tollen. Aufgeregt springen sie herum und tänzeln, so leichtfüßig das mit 700 kg Lebendgewicht eben geht.

Sehr viel früher wurden hier Kohlen gemacht, heute fertigt Jakob Kiesenhofer in seiner Tischlerei mit Panoramablick übers Mühlviertel hochwertige Vollholzmöbel aus heimischem Holz. „Außerdem hab ich ein paar Haustiere“, lacht der Tischler: An die 35 Rinder leben hier in Mutterkuhhaltung und jedes Frühjahr kommen 12, 13 Kälber dazu. Braune und schwarze Wagyū, zottelige Hochlandrinder, ein Grauvieh aus Tirol ist auch dabei.

img_1980Beste Qualität

Wochentags um halb 7 beginnt Jakob Kiesenhofer mit seinen Arbeitern in der Tischlerei, die Frühstückspause verbringt er im Stall, den Feierabend auch. „Bei den Viechern hab ich die besten Ideen.“
2003 übernahm er den biologisch geführten Hof seiner Eltern, mit der Milchviehwirtschaft
wollte er aber nicht weitermachen – zu viel Aufwand, zu viele Stallzeiten, zu wenig Wirtschaftlichkeit. Aber die Ställe waren da, und die Weiden auch. Und außergewöhnliche Rassen haben ihn immer schon fasziniert. „Es war eher ein Zufall, dass ich in die Wagyū-Zucht eingestiegen bin“, erinnert er sich.
Die bekanntesten Wagyū – was so viel wie japanisches Schwarzrind bedeutet – sind die ursprungsgeschützten Kobe-Rinder. Das Fleisch dieser Edelrasse ist das teuerste der Welt. Es ist tiefrot und durchgehend marmoriert, das intramuskuläre Fett sorgt für einen einzigartigen Schmelz, nussig im Geschmack zergeht es auf der Zunge. Und gesund ist es auch: der Gehalt an ungesättigten Fettsäuren ist bis zu 50 Prozent höher als bei Fleisch anderer Rassen.

Gekommen um zu bleiben

Den Beginn der Zucht muss man sich eher unromantisch vorstellen, mit Samendatenbank, Internetbestellung, Embryonentransfer. „Die Zucht ist sehr aufwändig, aber das ist das Reizvolle. Ans Geld darf man dabei nicht denken,“ erzählt Jakob Kiesenhofer. Lieber an den Moment, als die heimische Kuh das erste gesunde Wagyū-Kälbchen auf die Welt brachte.
Jedes Tier trägt eine DNA-Marke im Ohr, um Inzucht zu vermeiden lässt sich der Stammbaum viele Generationen zurückverfolgen.
Durch die lange Mastdauer von zwei, drei Jahren hat das besondere Fleisch auch seinen exklusiven Preis. Kiesenhofers Ausweg: „Wir kreuzen die Wagyū mit Murbodner, das sind sehr gute Fleischkühe, die Qualität dieser F1-Kreuzung ist immer noch herausragend, und der Preis vertretbar.“

Glückliche Kühe

Der kräftige braune Wagyū-Bulle Susumu kratzt genüsslich seine Flanke am Baum. Die Tiere genießen es, das ganze Jahr über hinaus zu können. Im Sommer weiden sie im Wald und auf Kräuterwiesen, immer mit Zugang zu frischem Quellwasser. Wenn es zu heiß ist bleiben sie im Stall und grasen erst in der Nacht draußen.
Die Bewegung ist gut für den Geschmack des Fleisches, ein bisschen Fett gehört aber auch dazu. Daher wird mit Weizen, Hafer, Gerste, Biomais, Roggenmalz von der Brauerei, Mineralstoffen und Bergkernsalz zugefüttert – alles in Top-Qualität. Kiesenhofer ist überzeugt: „Denen geht’s einfach gut, sie genießen ein Maximum an Freiheit. Von der Haltung bis zum Futter ist alles artgerecht und naturnah. Ich wüsste nicht, was ich verbessern könnte.“

Gut, wie es ist

Nicht nur das gute Leben seiner Tiere ist dem Hobbyzüchter ein Anliegen, sondern auch, dass sie von der Schlachtung möglichst wenig mitbekommen. Ein kleiner Fleischhauer im Waldviertel erledigt das ohne Stress und ohne Schrecken. „Leiden geht gar nicht, der erste Schuss muss passen. Natürlich tut einem das weh, aber am Bauernhof wächst man anders auf. Man streichelt die Tiere, aber man isst sie auch.“
Manchmal kauft eine Fleischerei einen ganzen Ochsen, meist aber reift das Fleisch zerlegt und vakuumiert etwa fünf Wochen, bis es ab Hof vertrieben wird. Der Andrang ist groß. „Die Frage ist meist, wem geb ich’s, wen ruf ich an? Für uns selbst bleiben oft nur ein, zwei Gulaschpackerln übrig.“
Expansion also? Kiesenhofer schüttelt den Kopf: „Unsere Fläche ist die Grenze, denn Futter zukaufen rechnet sich nicht. Wir haben das Glück, dass wir nicht wachsen müssen. Es passt genau so, wie es ist.“

Jakob Kiesenhofer

Prandegg 21a, 4293 Gutau

Fleischerei Ringl

Gumpendorfer Straße 10, 1060 Wien
Tel.: +43 (0)1 596 32 78

Zuerst erschienen  in Servus Gute Küche 2/2016

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