2015, Geschichten, Kulinarik
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So schmeckt der Wald

besuch bei den bienen

Der oststeirische Wanderimker Johannes Gruber zieht mit seinen Bienen durchs Land und füllt Landschaften ins Honigglas.

Malzig, mild, mit leichtem Zitronenduft und Karamelltönen – der rosskastanienfarbene Gebirgswaldhonig vom Naintschgraben ist der Archetyp eines Fichtenhonigs, gesammelt in der steirischen Almlandschaft, wo Fichten, Bergahorn und Himbeerblüten den Bienen Nahrung bieten. Ganz anders jener vom Stuhleck in der Semmeringregion, hier ist der Fichtenwald mit Weißtannen und Heidelbeeren durchsetzt und der Honig schwer, würzig, fast harzig, mit Tabakaroma und einer markanten Moosnote. Die Höhenlage, das andere Klima, die andere Flora – das schmeckt man.

Der Bio-Imker Johannes Gruber, auch Rainbauer genannt, betont die geschmacklichen Unterschiede, indem er den Honig nicht nur nach Sorten, sondern auch nach Lagen abfüllt. Als Wanderimker bringt er seine Carnica-Bienen an jene Plätze, wo es die gewünschte Tracht, also Bienennahrung, gibt. Bienen haben einen Flugradius von etwa drei Kilometer und die Beschaffenheit dieser Gegend spiegelt der Honig in Geschmack, Farbe und Konsistenz wieder. So ist etwa der Aulandschaftshonig aus dem Lafnitztal an der steirisch-burgenländischen Grenze eine würzige Momentaufnahme des Frühlings.

Oststeirische Idylle
Begonnen hat der Rainbauer mit zwei Bienenvölkern von seinem Vater, heute pflegt er etwa 120, die zur Hochsaison jeweils bis zu 60.000 Bienen umfassen. Der Absolvent einer Weinbauschule war eine Zeit lang in Wien im Vertrieb tätig und hat nebenbei Honig gemacht. Heute, mit Mitte Vierzig, kann er davon leben. Und tut das in der Oststeiermark, auf einem alten Hof, den er mit seiner Frau nach eigenen Plänen umbauen hat lassen. Hier am Buchberg wachsen die unterschiedlichsten Gemüsesorten und allerlei Kräuter rund ums Haus, bei den Sulmtaler Hendln ist eben ein Küken geschlüpft und auf der Wiese nebenan schnattern die Weidegänse neben den Bienenstöcken. „Ich wollte immer etwas Eigenes machen, die Bienenzucht war da eine gute Nische. Das Wandern ist notwendig, damit die Bienen durchgehend beschäftigt sind und ich ein breites Sortiment produzieren kann.“

Eine Frage der Lage
Außerdem ist es spannend, die Unterschiede der einzelnen Standorte zu schmecken: im südsteirischen Gamlitz mischen sich duftende Lindenblüten mit der Würze der Edelkastanie, in Leutschach, nicht weit entfernt, aber etwas höher gelegen, wird die Edelkastanie vom Honigtau der Fichte ergänzt, was zu einem viel dünkleren, karamelligeren Honig führt. „Das Gemenge kann Jahr für Jahr am jeweiligen Ort in dieser Geschmackskonstellation wiedergefunden werden – das macht den Lagenhonig aus.“ Grubers Leidenschaft gilt besonders dem Waldhonig: „Er ist die Königsklasse der Imkerei, weil er so komplex ist.“ Da muss das Wetter passen, die Bienenstöcke müssen stark sein und die Läuse müssen da sein. Die Läuse zapfen den Saft aus der Baumrinde, verdauen ihn und scheiden ihn aus, diesen Honigtau sammeln die Bienen. In guten Jahren funktioniert das drei Wochen lang, bevor die Läuse von anderen Insekten gefressen werden. In schlechten Jahren gibt es Totalaussetzer und gar keine Ernte.

Schwieriger Transport
Etwa 20 Standorte bespielt der Bienennomade. Einen Teil seiner Völker bringt er zur Kirschblüte ins Südburgenland, wo Vogelkirsche, Löwenzahn und andere Frühlingsboten für cremigen Honig mit zartem Marzipanaroma sorgen. Dann wandern die Bienen 20 km weiter zur Akazienblüte bevor sie in den Wald übersiedeln. Anfang Juli wird noch der Nektar der Sonnenblumen gesammelt, und nach vier Ernten ist das Honigjahr vorbei, die Bienen beziehen ihr Winterquartier. Dafür hat der Rainbauer zehn fixe Standplätze. Die Wanderimkerei ist körperliche Schwerstarbeit und nicht ohne Gefahr: Abends vertragen die Bienen den Transport besser, stechen allerdings auch mehr. Wenn in der Dämmerung alle Bienen zurück in den Stock geflogen sind wird das Flugloch verschlossen und der Stock mit einem Gurt fixiert. Johannes Gruber schleppt die unhandlichen, etwa 100 kg schweren Kästen mit seinem Neffen vom Feld in den Bus. Dann geht es über holprige Wege durch die Nacht zu einem neuen Standort, im Rücken die Kästen voll mit tausenden summenden Bienen. der Rainbauer gesteht: „Da sind wir schon immer ein bisschen nervös, aber es ist immer noch gut gegangen.“

Rainbauer
Wander.Imker Johannes Gruber
Buchberg 17, 8274 Buch
landschaftshonig.at

 

imker2

Diese Reportage erschien zuerst in Servus Gute Küche 1/2015

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